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Vier Generationen als Mitgestalter der Zukunft

Datum der Veröffentlichung:
8. Dezember 2022

Familie Schlotte schreibt Familiengeschichte in der Raffinerie

Von den rund 750 Mitarbeitenden, die am bp Standort in Lingen beschäftigt sind, haben Fynn und Frank Schlotte wohl die tiefsten betrieblichen Familienwurzeln. Denn bereits Fynns Urgroßvater Karl bringt 1955 mit seinem Know-how und seiner Arbeitskraft die Familienära in der emsländischen Raffinerie auf den Weg.
Fynn und Frank Schlotte

Jedoch hat diese Ära einen traurigen Beginn: Sie startet mit einer politischen Flucht aus der ehemaligen DDR. In Braunsbedra, einer Stadt im heutigen Sachsen-Anhalt, arbeitete Karl Schlotte bis 1955 beim Mineralölwerk Lützkendorf, bevor er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern sein Hab und Gut in nur zwei Koffer verstaut und die Flucht antritt. Er landet damals in Lingen, kommt bei einem Bekannten unter, der bereits in der damals neu errichteten Raffinerie vor Ort arbeitet. Ein spartanisches Leben mit seiner vierköpfigen Familie in nur einem kleinen Zimmer beginnt – aber sie sind frei.

 

Geschichten der Vergangenheit lassen schmunzeln

 

Eine Freiheit, die seinem Sohn Klaus, seinem Enkel Frank und seinem Urenkel Fynn später wie selbstverständlich auch die freie Entscheidung in der Berufswahl gibt. Und alle drei späteren Generationen wählen einen Arbeitsplatz in der Raffinerie aus. „Ich wollte Chemikant werden und zum Glück konnte ich diesen Ausbildungsberuf hier in der Raffinerie erlernen“, berichtet Urenkel Fynn. Während sein Urgroßvater gelernter Schlosser war und als Schichtmeister arbeitete, setzt sich Urenkel Fynn heute mit Produktionsprozessen zur Herstellung chemischer Produkte auseinander. „Ich finde es spannend herauszuarbeiten, wie sich Stoffe im thermischen Trennprozess verhalten“, sagt der 20-Jährige. Eine dreieinhalbjährige Ausbildung, die er 2019 nach einem Praktikum startete, liegt jetzt bald hinter ihm – es fehlen nur noch die schriftlichen Prüfungen. „Als mein Urgroßvater Meister wurde, hat man ihn in ein Büro gerufen, ihm drei Fragen gestellt, die er anscheinend zur Zufriedenheit des ‚Prüfers‘ beantwortet hat, und ihn dann als Meister aus dem Raum entlassen. Heute undenkbar“, erzählt Fynn Schlotte schmunzelnd.

 

Umbruch miterleben und mitgestalten

 

„Ich habe für meinen Meister zum Anlagentechniker deutlich mehr leisten müssen“, ergänzt Frank Schlotte mit einem Lachen. Nachdem auch sein Vater Klaus Schlotte bei der Raffinerie, die damals noch unter der Wintershall AG firmierte, eine Ausbildung zum Mess-, Steuer- und Regelungstechniker absolviert und später die Programmierung für die Straßentankwagenverladung übernommen hat, will auch Frank Schlotte 1982 seine Ausbildung dort machen: „Ich hatte mich auch woanders beworben, aber als dann der Zuschlag von der Raffinerie kam, habe ich die Familiengeschichte einfach weiter fortgesetzt“, erinnert sich der 57-Jährige. „Und ich wollte damals schon meinen Meister machen. In einem großen Unternehmen gibt es da natürlich viele Möglichkeiten.“ Einige Jahre später macht er seinen Meister zum Metallbauer, hat bis heute viele junge Menschen ausgebildet und ist Teil des Prüfungsausschusses. „40 Jahre Unternehmenszugehörigkeit, da habe ich auch einiges für die Zukunft der Raffinerie getan“, erklärt er mit einem verhalten stolzen Lächeln. Und eigentlich wäre er im Februar dieses Jahres bereits in den Vorruhestand gegangen, aber seine Erfahrung und sein Wissen sind wichtiges Unternehmenskapital, das die Konzernleitung nicht so einfach ziehen lassen will. Als gefragt wird, ob er noch ein bisschen bleiben kann, ist es auch ein kleines Ehrgefühl, das ihn zum Bleiben veranlasst – vorerst. „Aktuell ist es ja auch eine spannende Zeit, den Umbruch und die Zukunftsausrichtung einer Raffinerie mitzuerleben und mitzugestalten“, betont der passionierte Segler, der für sein Hobby nur den Wind und kaum Kraftstoffe benötigt. Sein abwechslungsreicher Beruf und das Fortsetzen der Familienära werden nun mit dem Gefühl gepaart, auch weiter etwas für die Zukunft zu schaffen. Die Mineralölbranche habe sich verändert und müsse auf die veränderten Ansprüche reagieren. Und zum Fortbestand des Standortes und somit auch zur Sicherung der Arbeitsplätze seines Teams trage er nun entscheidend bei.

 

Nachhaltige Ausrichtung kann auch Familiengeschichte sichern

 

Das Team ist auch für seinen Sohn Fynn ein wichtiger Teil seines beruflichen und privaten Lebens. Unter den Kollegen und Kolleginnen fühlt er sich wohl, es ist eine familiäre und freundschaftliche Atmosphäre, die bis ins Privatleben reicht. Sein Vater bestätigt dieses Gemeinschaftsgefühl am Standort. Gleichzeitig blicken sie in die Zukunft der Mineralölbranche und wissen, dass sich Vieles verändern wird. Ihr Blick ist von Optimismus geprägt, weil die Raffinerie reagiert und sich auf Alternativen einstellt. Beide begrüßen die Zukunftsausrichtung und den nachhaltigen Gedanken, unter anderem das Co-Processing-Verfahren, bei dem aus gebrauchtem Speiseöl und Rohöl nachhaltigerer Flugkraftstoff produziert wird, oder den Einsatz von CO2-neutralem Wasserstoff zur Kraftstoffproduktion. Denn nur mit einer nachhaltigen Ausrichtung hat auch vielleicht Fynn die Chance, die Familiengeschichte Schlotte in der Raffinerie weiterzuschreiben – eventuell sogar bis in die fünfte Generation.