Wertvolles Cracken: Aus schwer mach leicht
Die Ausbeutestrukturen, also das Verhältnis der einzelnen aus einem bestimmten Rohöl erzeugten Produkte zueinander, sind durch die Destillation nur in engen Grenzen veränderbar. Man benötigt zusätzliche Anlagen, in denen die weniger erwünschten schweren Bestandteile des Rohöls in leichtere umgewandelt werden können. Hier kommen die Crackprozesse ins Spiel. Sie sind für Raffinerien wichtige Konversionsverfahren, um aus dem Destillat und dem Vakuumrückstand der Rohöldestillation noch mehr hochwertige Produkte wie Benzin, Diesel und Heizöl zu produzieren.
Man unterscheidet grundsätzlich drei Verfahrensarten beim Cracken: Thermisches Cracken, katalytisches Cracken und Hydrocracken.
Beim thermischen Cracken wird der gewünschte Effekt durch Überhitzung der eingesetzten Destillationsrückstände unter Druck erreicht. Dieser Vorgang spielt sich in den Röhren eines Spaltofens ab. Temperatur – etwa 500 Grad Celsius – und Verweilzeit im Crackofen werden so gewählt, dass ein möglichst hoher Umwandlungs- oder Crackeffekt erreicht wird.
In der bp Raffinerie Lingen erfolgt das thermische Cracken in einem Koker. Die bp Raffinerie Gelsenkirchen verfügt neben einem Coker auch über eine Schwerölvergasungsanlage sowie einen Visbreaker, eine milde Form des thermischen Spaltens. Im Visbreaker werden die Rückstände aus der Vakuumdestillation leichtflüssiger. Dieses Verfahren wird somit angewandt, um die Zähflüssigkeit schwerer Öle zu senken.
Im Gegensatz zum thermischen Verfahren werden die aufgespaltenen Fraktionen des Rohöls beim katalytischen Cracken mit einem Katalysator erhitzt. Dies sind Stoffe, die eine chemische Reaktion fördern, ohne sich zu verändern. Bei einer Temperatur von etwa 600 Grad Celsius geraten die Kohlenwasserstoffmoleküle in starke Schwingungen und brechen auseinander. Das Ergebnis des katalytischen Crackens reicht vom gasförmigen Methan bis zum Schweröl. Dem Prozess wird ein Destillationsvorgang nachgeschaltet, der die einzelnen Produkte erneut voneinander trennt.
Es gibt zwei katalytische Crack-Verfahren: Fluid-Catalytic-Cracken (FCC) und Hydrocracken (HC). Beim FCC wird das schwere Vakuumdestillat einer Raffinerie zu leichteren Produkten gespalten. Die Raffinerie Gelsenkirchen-Scholven verarbeitet einige Erzeugnisse des FCCs in dem Petrochemie-Komplex weiter. So wird beispielsweise FCC-C3 (Propan-Propen-Gemisch) in der Cumolanlage weiterverarbeitet.
In den FCC-Anlagen setzt sich beim Cracken außerdem Kohlenstoff in fester Form als Koks am Katalysator ab. Der Koks nimmt dem Katalysator seine Wirkung. Deshalb wird der Koks in einem nachgeschalteten Regenerator abgebrannt, so dass der Katalysator erneut verwendet werden kann.
Mit Hilfe des katalytischen Crackers wird nicht nur der Anteil von schwerem Heizöl vermindert, sondern auch gleichzeitig ein Teil des Schwefels entfernt, der im Einsatz enthalten war. Die Oktanzahl der Crackbenzine liegt bei 80 bis 85.
Schematische Zusammenfassung eines Hydrocrack-Prozesses
Beim Hydrocracken handelt es sich um ein katalytisches Spaltverfahren in Gegenwart von Wasserstoff bei einem Druck von 100 bis 150 Bar, das eine sehr weitgehende Umwandlung des Einsatzproduktes ermöglicht. Das Hydrocracken ist ein technisch elegantes und flexibles Konversionsverfahren.
Allerdings erfordert HC aufgrund der eingesetzten Mengen an Wasserstoff besondere Sicherheitsmaßnahmen. Denn Wasserstoff kann bei hohem Druck durch die Anlagenwände dringen. Daher sind hohe Investitionen in Stahlwände notwendig.
Doch dies lohnt sich: Das Hydrocracken hat den Vorteil, dass sich je nach Katalysator und Betriebsbedingungen die erwünschte Ausbeute in bestimmte Richtungen verschieben lässt. So kann man im Hydrocracker entweder fast überwiegend Benzin oder überwiegend Dieselkraftstoff und leichtes Heizöl bei gleichzeitig geringem Benzinanteil gewinnen.
Der Hydrocracker der bp Raffinerie in Lingen verarbeitet rund 1,5 Millionen Tonnen Gasöl pro Jahr. Die HC-Anlage der bp Raffinerie in Gelsenkirchen kommt bei einer Verarbeitungskapazität von rund 8.000 Tonnen täglich auf rund drei Millionen Tonnen Gasöl pro Jahr. Damit leisten die beiden Anlagen einen wertvollen Beitrag dazu, dass auch aus dem Destillat und dem Vakuumrückstand der Destillation Produkte für unseren Alltag entstehen.
In den vergangenen 30 Jahren hat bp große Expertise in der Konversionstechnik aufgebaut – von Mikroreaktoren und Pilotanlagen bis hin zu vollwertigen Demonstrationsstandorten –, um aus Erdgas, Kohle, Schwerölresten und Biomasse hochwertige Kraftstoffe und chemische Produkte zu gewinnen.
bp zählt zu den wenigen Unternehmen weltweit, die das Fischer-Tropsch (FT)-Verfahren aktiv nutzen. Das Verfahren vereinfacht die Umwandlung vieler Ausgangsstoffe wie Erdgas, Schwerölrückstände, Kohle und Biomasse in hochwertige Kraftstoffe wie Diesel, Naphtha und Flugtreibstoff.
Bei diesem Verfahren zur Kohleverflüssigung wird sogenanntes Synthesegas in ein breites Spektrum gasförmiger und flüssiger Kohlenwasserstoffe umgewandelt. Diese werden als schwefelarme synthetische Kraftstoffe (XtL-Kraftstoffe), als synthetische Motoröle und als Rohstoffbasis von der chemischen Industrie geschätzt.
bp hat viel in die Erforschung dieses Verfahrens investiert und die Fischer-Tropsch Synthese entscheidend weiterentwickelt. Mit dem bp eigenen Verfahren, das keine aufwändige Anlagentechnik erfordert, lässt sich synthetisches Paraffin erzeugen, dessen Weiterverarbeitung und Destillation 80 Prozent Diesel und 20 Prozent Naphtha liefert, die den gängigen Qualitätsstandards entsprechen.
Besonders in Kombination mit der Vergasung von Biomasse hat dieses Verfahren großes Potenzial. So können kohlenstoffarme, regenerative synthetische Kraftstoffe hergestellt werden, die konventionellen Produkten in Sachen Leistung um nichts nachstehen. Viel versprechende Marktchancen für die Fischer-Tropsch-Technologie – und für bp als Entwickler der aktuellen Methodik.
Bei bp's Veba Combi Cracking™, auch bekannt als VCC™-Technologie, handelt es sich um das nachweislich einzige Verfahren zur Umwandlung schwerer Ausgangsstoffe wie z. B. Schwerölrückständen und Kohle-Öl-Mischungen in hochwertige Kraftstoffe. Das VCC™-Verfahren, das auf Zufuhr von Wasserstoff und einem geschützten Additiv beruht, arbeitet hier deutlich zuverlässiger als konkurrierende Methoden.
Mithilfe dieser bp Technik lassen sich 95 Prozent der Rückstände in marktgängige Produkte wie Diesel und Naphtha verarbeiten – jeder Tropfen Öl wird so effizient genutzt.