Die Digitalisierung ist längst Alltag im Downstreamgeschäft bei bp, vor allem in den Raffinerien. Digitale Technologien werden entlang der gesamten Produkt-Wertschöpfungskette eingesetzt. Alle Glieder der Kette sind genau aufeinander abgestimmt. Das beginnt mit der Bedarfsplanung in den Raffinerien und dem Einkauf des Rohöls. Dann wird die Auslastung der Anlagen angepasst, wobei hier immer die regelmäßig anstehenden TÜV-Instandhaltungsarbeiten berücksichtigt werden müssen. Da das fertige Produkt vor dem Verkauf gelagert werden muss, müssen auch Tanklagerkapazitäten in die Planung mit einfließen. Daran schließt sich dann die Tankstellenversorgung an.
Jeder dieser einzelnen Schritte ist mit digitalen Prozessen miteinander verbunden. Dadurch wird ein hoher Automatisierungsgrad erreicht, der ständig optimiert wird. bp verfolgt beim Einsatz von Digitaltechnologie in der Raffinerie grundsätzlich drei Oberziele:
Dabei geht es vor allem darum, die gesammelten Daten intelligent auszuwerten und immer wieder Möglichkeiten zu entwickeln, neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Raffinerien sind mit vielen verschiedenen Sensoren ausgestattet, die bei der Verarbeitung eine Überwachung in Echtzeit ermöglichen. Überwacht werden unter anderem Temperatur, Druck, Dichte, Säuregrade und Durchfluss in den verschiedenen Anlagenteilen. Auf dem Werksgelände selbst sind die zentralen Messwarten die digitalen Herzstücke der Raffinerie. Hier läuft alles zusammen. Zum Beispiel zählt die erst kürzlich errichtete Messwarte in Lingen zu den modernsten der Welt; sie greift auf die neueste Digitaltechnik zurück. In Gelsenkirchen und Lingen betreibt bp ebenso digitale Trainingssimulatoren. Diese sind den Leitwarten original nachempfunden. Sie werden in der Ausbildung und in regelmäßigen Trainings eingesetzt, um vor allem den Umgang mit kritischen Situationen nachzustellen.
Ein wichtiges Thema ist der Bereich Cyber Security und Datensicherheit. Da immer mehr Prozesse digital ablaufen, nimmt die Bedeutung von Schutzvorrichtungen gegen unbefugte Eingriffe von außen stetig zu. Bei bp hat IT-Sicherheit eine hohe Priorität und das Unternehmen investiert kontinuierlich in State-of-the-Art Sicherheitssysteme. Das zeigt sich auch bei den zentralen Messwarten. Aufgrund der hohen Bedeutung für die Raffinerie verfügen die Messwarten über ein nach außen hin komplett abgeriegeltes Netzwerk.
Daten werden jedoch nicht nur zur Überwachung der Anlagen erfasst. Sie werden auch dazu genutzt, Optimierungspotenziale zu finden, Stillstandszeiten zu minimieren und um die Sicherheit systematisch zu verbessern. Dazu trägt bp die Daten von allen europäischen Raffinerien zusammen. Dabei handelt es sich um riesige Datenmengen, rund 200.000 Werte pro Minute werden so in zentralen Rechenzentren erfasst. Ziel der bp Experten ist es, voneinander zu lernen und Muster zu erkennen, um Prozesse einfacher und standardisierter zu gestalten.
Bei bp hat die Auswertung von Raffineriedaten eine lange Tradition. Seit 20 Jahren werden Daten systematisch erfasst und umfangreiche Modelle entwickelt, um die Daten für eine verbesserte Raffineriesteuerung zu nutzen.
Aufgrund der immer größer werdenden Datenmengen setzt sich in der Industrie zunehmend der Trend zum Cloud-Computing durch. Durch die Nutzung von externen und sehr leistungsstarken Rechenzentren, auch Serverfarmen genannt, lassen sich Rechenprozesse wesentlich verkürzen. Dauerte es bei linearen Programmierungen schon mal mehrere Stunden, bis ein Modell inhouse durchgerechnet wurde, bekommen die bp Experten nun ein Ergebnis in wenigen Minuten. Dadurch können schneller mehrere Varianten durchgespielt und ausgewertet werden. Hinzu kommen Kostenvorteile: Da es sehr kosten- und energieintensiv ist, eine eigene Serverfarm zu betreiben, ist es viel effizienter Rechenkapazität nach Bedarf zu mieten. Weiterer Vorteil: Man hat immer den neuesten Stand der Technik zur Verfügung.
Viele der eingesetzten digitalen Technologien dienen der Sicherheit. Ein wichtiges Thema in Raffinerien ist die Vermeidung von Korrosion. Konventionelle Korrosionsüberwachung beruht typischerweise auf Inspektionen, die von Fachleuten durchgeführt werden. Abhängig von den Wartungsintervallen werden Veränderungen der Wandstärke dabei nicht immer zum frühestmöglichen Zeitpunkt entdeckt.
bp hat deshalb einen Korrosionssensor auf Ultraschallbasis entwickelt. Mit dieser drahtlos operierenden Technik können Korrosionsexperten, Inspektoren, Planer und Betriebsleiter in Echtzeit den aktuellen Zustand und die Betriebsbereitschaft von Öl- und Gasanlagen überwachen. Diese Technologie kommt in den bp Raffinerien in Gelsenkirchen und Lingen zum Einsatz.
Das Potenzial in Raffinerien für mobile Lösungen bei der täglichen Arbeit, vor allem bei der Überprüfung und Wartung von Anlagen, ist groß. bp hat bereits einige Technologien getestet, besonders vielversprechend erscheint der Einsatz von mobilen Geräten und Applikationen. Am Beispiel der Anlagenüberwachung zeigen sich viele Vorteile: Daten werden schneller und sicherer übermittelt. Aufgrund der unterschiedlichen grafischen Darstellungsformen haben Experten einen besseren Überblick und können auch kritischen Situationen besser vorbeugen. Die Infrastruktur für einen breiten Einsatz ist bereits geschaffen. bp will die Nutzung von mobilen Endgeräten in den kommenden Jahren stärker vorantreiben.
Zwar nicht wireless, dafür aber seit nunmehr über 20 Jahren werden Emissionswerte an Schornsteinen verschiedener Anlagen in der Raffinerie in Lingen rund um die Uhr erfasst und per Datenleitung an die Aufsichtsbehörde weitergegeben. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Luftschadstoffe wie Schwefeldioxid, Stickstoff, Staub oder Kohlenmonoxid. Das Projekt 'gläserner Schornstein' wurde auf freiwilliger Basis aufgesetzt und zeigt die hohe Transparenz mit der bp in Lingen seine Raffinerie betreibt.
Aktuell wird daran geforscht, in welchen Bereichen digitale Technologien zusätzlich zum Einsatz kommen, oder bestehende Technologien ergänzen. Erste Versuche gibt es bei der Einbindung von Geräuschen in die Überwachung von Industrieanlagen. Geräusche im Anlageninneren werden aufgezeichnet und digital ausgewertet. Damit kommt eine weitere Dimension hinzu, den Sicherheitszustand zu überprüfen. Pilotprojekte gibt es in der Mineralölindustrie bereits im Upstream-Bereich, aber auch andere Branchen erproben ähnliche Ansätze. Ob und wann eine solche Technologie auch in Raffinerien zum Einsatz kommen kann, bliebt zu untersuchen.